Weldaer Heimatblaetter


Herausgegeben vom Ortsheimatpfleger Bruno Hake

Erschienen in zwangloser Folge

Nr. 3                                                              April 1987                                                      3. Jahrgang


Die Schule in Welda bis zum Jahre 1900

Bis 1859 war in Welda nur eine kombinierte, einklassige, katholische Schule.Das frühere Schulhaus mit Lehrerwohnung lag hinter der Kirche und hatte die Hs. Nr. 91. Unter dem Lehrer Wiegen, der die hiesige Schulstelle seit 1857 innehatte, wurde 1858 das Grundstück der späteren Knabenschule für 2200 Thaler angekauft und für 300 Thaler umgebaut. Nach dem Umbau bezog der Lehrer in diesem Hause auch die Wohnung. Das alte Schulhaus blieb zunächst unbewohnt. Im Oktober 1859 wurde die Schule nach Geschlechtern getrennt. Dadurch entstanden eine einklassige Knaben‑ und eine einklassige Mädchenschule. Die Knabenschule hatte ca. 90 Schüler. Die Mädchenschule unter der Leitung der Lehrerin Leistenschneider zählte ca. 80 Schülerinnen.

Wegen der Trennung wurde das alte Schulhaus hinter der Kirche wieder benutzt. Es diente als Mädchenschule und als Wohnung für die Lehrerin.

1871 beschloß der Gemeindevorstand den Bau einer neuen Schule für die Mädchen auf dem Gelände der Gemeindebaumschule an der Warburger Straße. In diesem neuen Gebäude erhielt auch die Lehrerin ihre Wohnung, so daß das alte Schulhaus verkauft werden konnte (ca 1872).

Um diese Zeit wurde der Lehrer Wiegen kränklich und mußte sich öfter durch Gehilfen vertreten lassen. Als solche waren in Welda tätig, die Herren Banneier, Gutberlet und Hainemann.

Dem bisherigen Lokalschulinspektor Pfarrer Kleinschmidt wurde im Jahre 1872 durch die Königliche Regierung die Lokalschulinspektion der Schulen in Welda entzogen und dem Bezirksschulinpektor Pfarrer Johannigmann in Scherfede übertragen.

Im Oktober 1872 starb der Lehrer Wiegen an der hier herrschenden Ruhrkrankheit. Der Lehrer Hainemann verwaltete die Lehrerstelle bis zu deren Wiederbesetzung.

Die Königliche Regierung zu Minden übertrug am 29. April 1873 dem seitherigen Lehrer in Riesel, Joseph Klöer, die Lehrerstelle in Welda.

Mit der Lehrerstelle war zugleich auch die Küster‑ und Organistenstelle verbunden.

Der damalige Lehrer Klöer schreibt in der Chronik:

„Bei dem Antritte meines Amtes zählte die Knabenschule 71 Schüler.

Das Gehalt meiner Stelle betrug wie folgt:

Ertrag der Schulstelle,

An Schulgeld                                                                                                 70 Thl        –Sgr           –Pf

Etatmäßiger Zuschuß                                                                               10   „          —                   —

Stellenzulage aus der Staatskasse                                                     30   „          —                   —

Zulage aus der Gemeindekasse                                                           27   „          —                   —

Der 1 ½  fache Reinertrag der

Schulgrundstücke                                                                                           23 “           25 „              6 “

Summa                                      160 “           25 „              6 “

Ertrag der Küsterstelle

Der 1 ½ fache Reinertr.d.Küstergrundstücks.                             19 Thl         18 Sgr         3 Pf

Zuschuss aus der Kirchenkasse                                                                7 “             26 “             –

Für Naturalien berechnet zu                                                                      7 “              14 “              2

An barer Einnahme veranschlagt zu                                                    15 „             10 “              5

Memorienzinsen vom Freiherrn.v. Brackel                                         3 .“             23                 4

Summa                                                                                                                     51                 2                  4

Ertrag der Organistenstelle

19 4/5 Berl.Scheffel, Roggen                                                                  30 Thl           — Sgr           –Pf

Nebeneinnahmen für Hochämter a 5 Sgr                                             3 “              10                 —

Summa                                                                                                                   33 “                10                 —

Mithin belief sich das Gehalt der Lehrer‑Küster und Organistenstelle auf 245 Thaler 7 Silbergroschen 8 Pfennige oder 735 Mark 78 Pfennige.

Im Jahre 1874 wurde im Frühjahr in den Schulen das Rechnen nicht mehr mit Thalern, Silbergroschen und Pfennigen geübt, sondern es wurde mit der neuen Geldwährung Mark und Pfennige, welche mit Anfang des Jahres 1875 ins Leben treten sollte, angefangen zu rechnen.“

 

In den Wintermonaten des Jahres 1876 wurden erstmalig auch in Welda die aus der Schule entlassenen Jünglinge in einer sogen. Fortbildungsschule unterrichtet. Beginnend am 3.Dezember wurde wöchentlich an zwei Abenden von 19.oo bis 21.oo Uhr Unterricht erteilt. Die Unterrichtsfächer waren:

Lesen (Lesestücke aus der Heimatkunde und vaterländische Geschichte), Rechnen mit Raumlehre, Zeichnen, Aufsatz und Rechtschreibung.

Mit Ende des Monats Februar 1877 wurde die Fortbildungsschule geschlossen. Zu Anfang nahmen 13 und am Ende nur noch 8 Schüler am Unterricht teil. Der Lehrer erhielt pro Abend aus der Kreiskasse 2,‑ M für die Erteilung des Unterrichts. Die Fortbildungsschulen in den Dörfern gehören zu den Vorläufern der heutigen Berufsschule. Auch in den folgenden Jahren wurde in den Wintermonaten in Welda im Rahmen der Fortbildungsschule Unterricht erteilt..

Am 27. August 1884, kurz vor 10.00 Uhr entstand ein Brand, welcher sich so rasch ausbreitete, daß innerhalb einer halben Stunde 6 Häuser nebst einer großen Scheune brannten. Zuletzt geriet auch die Knabenschule in Brand. Am Nachmittag gegen 15.00 Uhr entzündete sich noch ein in der Nähe stehendes kleines Haus.

Für den Lehrer mietete der Gemeindevorstand eine aus 4 Zimmern bestehende Wohnung in einem Nebengebäude der Bötterichschen Mühle an. Die Knaben wurden notdürftig in einem Raum der Mädchenschule unterrichtet, der sonst als Beratungszimmer des Gemeindevorstandes diente.

Den Bauplan für eine neue Knabenschule entwarf der Baumeister Kaufhold aus Warburg. Die Baugenehmigung wurde im Sommer des Jahres 1885 durch die Königliche Regierung erteilt. Der Kostenan­schlag belief sich auf. 13500 Mark. Als günstigster Bieter erhielt der Maurermeister A.Todt in Welda den Zuschlag mit der Summe von 12845 Mark. Anfang April 1886 konnte mit dem Schulbau begonnen werden. Die Grundsteinlegung war am 6.April 1886.Bereits Anfang Juli 1886 wurde die Haushebung (Richtfest) gefeiert. Ende Oktober war das Gebäude fertiggestellt, aber wegen des Winters noch nicht bezogen. Dem Lehrer wurde die Wohnung am 1.April 1887 zugewiesen und von ihm bezogen. Mit Beginn des neuen Schuljahres 1887/88 am 14. April war die kirchliche Einweihung. Der Klassenraum konnte nun von den Knaben genutzt werden.

Am 23.Dezember 1886 traf endlich wieder ein neuer Pfarrer in Welda ein. Pfarrer Rubarth war vorher als Vikar und danach als Pfarrer in Witten‑Annen tätig gewesen.

Seit dem Tode des Vorgängers, Pfarrer Kaspar Kleinschmidt, am 19.Januar 1881, hatterder Hausgeistliche (Gla) des Schlosses die Stelle als Pfarrverwäser betreut. Anläßlich einer Überprüfung der Knabenschule am 24. Februar 1887 konnte der Kreisschulinspektor Dr.Grosse‑Bohle dem Pfarrer Rubarth die Ernennung als“praeses in internis“ des Schulvorstandes in Welda überreichen.

Zu Beginn des Schuljahres 1887/88 besuchten 42 Knaben und 57 Mädchen, also zusammen 99 Schüler, die Weldaer Schulen.

Am 16.Juni 1890 wurde die Bezirks‑Lehrerkonferenz in Welda durchgeführt. Nach beendeter Konferenz traf man sich beim Gastwirt Engemann (heute Kulturbahnhof) zum gemeinschaftlichen Festessen Am 24. November 1890 erreichte der Hochwasserstand fast die Schulstube. Der Chronist schreibt:“es fehlten noch 2‑3cm.“

Die Volkszählung am 1.Dezember 1890 hatte folgendes Ergebnis:

Einwohner; männlich                         282 Personen

„                        ; weiblich                          318      „

Einwohner;insgesamt                        600 Personen, davon 580 katholischer und 20 evangelischer Religion.

Zu Beginn des Schuljahres 1891/92 zählte man 92 Schüler.

Die bisherigen Schulbänke wurden 1891 abgeschafft und stattdessen neue zweisitzige von drei verschiedenen Größen angeschafft.

Der Lehrerin Leistenschneider wurde wegen Krankheit ein Urlaub vom 1 Mai 1892 bis zum Schluß des Sommersemesters bewilligt und ihre Klasse einer Vertreterin übergeben.

Bei Beginn des Schuljahres 1893/94 wurden 43 Knaben und 61 Mädchen, insgesamt 104 Schulkinder, gezählt. Anfang Juni 1893 trat die Masernkrankheit epidemisch auf. Die Schulklassen mußten bis zum 6./8. Juli geschlossen bleiben.

Die Volkszählung am 2. Dezember 1895 ergab eine Bevölkerungszahl von 593 Einwohnern in 112 Wohnhäusern und 128 Haushaltungen.

Nach 36jähriger Tätigkeit ging die Lehrerin Leistenschneider am 1. April 1896 in den Ruhestand. Ihre Nachfolgerin wurde die Schulamts‑Kandidatin Erdmann.

Die Zählung der Schulkinder zum Beginn des Schuljahres 1899/1900 ergab 131 Schulkinder. Am 1. Januar 1900 löste der Lehrer Robert Spierling den bisherigen Lehrer Josef Kloer ab, nachdem dieser nach einer 27jährigen Tätigkeit in Welda in den Ruhestand versetzt wurde. Der von der Gemeinde geliebte Lehrer Kloer verlegte seinen Wohnsitz nach Paderborn. Der neue Lehrer Spierling hatte seine erste Anstellung am 15.Januar 1885 in Scherfede. Anschließend war er vom 1.Oktober 1890 bis zum 1.Mai 1892 in Börlinghausen danach bis zu seiner Versetzung nach Welda, in Dringenberg.

Aufstellung der Weldaer Lehrpersonen

von bis Name Bemerkungen
1681 1724 Schermer, Heinrich 43 Jahre Lehrer
1724 1765 Wichartz, Johann Caspar Lehr.u.Küster
1779 Larentz, Ludwig 1779 gestorben im Alter von 41 Jahren
1779 1787 Dame, Franz Joseph
1787 1798 Borg, Joseph
1793 1821 Wiedekind, Joseph erster Lehrer mit Seminarausbildung
1822 1830 Köhne, Johann Heinrich
1831 1840 Bungenstock, Karl
1841 1857 Büdecker, Joseph
1857 1872 Wiegen, Johann wegen Krankheit Gehilfen: Banneier Gutberlet und Haine­mann
1860 1896 Leistenschneider,Therese Erste Lehrerin in Welda +30.08.1899
1872 1899 Kloer, Joseph
1900 1927 Spierling, Robert
1896 1932 Erdmann, Hedwig Vertreterinnen wa­ren:Allerbeck,Hedwig und Schumann,Karoline
1927 1945 Evers, Ludwig
1932 1936 Westerfer, Therese
1936 1959 Vössing, Maria Vertr.:1955 Schlingmann, Hedwig
1945 1946 Floren, Therese
1946 1969 Wiemers, Heinrich Vertreter waren: Grothe u.Wille
1960 1960 Potente, Beate nach Niesen versetzt
1961 Thielemann, Walburga

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Nr. Name Hs.Nr. Nr. Name Hs.Nr.
1 Tegethoff, Josef 37a 29 Krane, Johann 27
2 Tegethoff, Theodor 22 30 Berendes, Karl 127
3 Bickmann, Fritz 62 31 Kuhaupt, Franz 125
4 Feller, Franz 32 Tegethoff, Franz 6
5 Kuhaupt, Franz 66 33 Hillebrand, Eduard 23a
6 Mantel, August 34 Lauhoff, Aloys Mühle
7 Schaller, Robert 35 Blömeke, Heinrich
8 Fritze, Leopold 36 Hendriks, Heinrich Bhf.
9 Multhaupt, Anton 37 Flore, Franz 50
10 Bodemann, Hugo 32 38 Todt, Clemens
11 Hillebrand, Karl 39 Todt, Heinrich
12 ? 40 Tegethoff, Josef 39
13 Krane, Heinrich 41 Spierling, Wilhelm
14 Lücking, Johannes 55 42 Kuhaupt, Hugo
15 Flore, Fritz 50 43 Kuhaupt, Josef 82
16 Leineweber, Josef 44 Mantel, Karl 79a
17 Spierling, August 45 Drude, Josef 9
18 Bodemann, Johannes 45 46 Feller, Josef 61
19 Kuhaupt, Hubert 41 47 Temme, Wilhelm
20 Ashauer, August 28 48 Bickmann, Johannes
21 Blömeke, Ignatz 35 49 Krane, Josef 120
22 Spierling, Robert (Lehrer) 50 Krane, Albert 120
23 Engemann, Wilhelm 38 51 Blömeke, Josef 58
24 Risse, Josef 53 52 Blömeke, Josef 94
25 Kampe, Anton 103 53 Bodemann, Aloys 45
26 Drude, Anton 9 54 ?
27 Lindemann, Heinrich 55 Hendriks, Gerhard Bhf.
28 Kuhaupt, Heinrich 20 56 Lauhof, Bernhard Mühle

Soweit sie bekannt waren, sind die alten Hausnummern angegeben.

 

Spruch an der Turmuhr

WECK ICH MORGENS DICH MIT MEINEM EH’RN MUNDE

DANN BEGINNE FROM DEN TAG MIT GOTT!

KÜND ICH AUF DES TAGES HÖH‘ DIE ZWÖLFTE STUNDE,

DANN GENIESSE FROH DEIN MITTAGS BROD!

BRING  ICH ABENDS DIR ERSEHNTER RUHE KUNDE,

DANN GEDENK’ DER LETZTEN  STUND IM TOD!

VOLLEND’  WACHEND ICH ZUR MITTERNACHT DIE RUNDE,

DANN VERSCHLUMM.RE  SANFT ALL´  DEINE NOTH!

 

Aus der Geschichte WELDAs

Die Kirchturmuhr.

Im Hause Welda, Fahrweg Nr. 19 wurde am 30.07.1821 dem Maurer Franz Fuchs und seiner Ehefrau Therese geborene Hartmann ein Sohn namens Johann Ignatz geboren. Dieser Weldaer‑Knabe war der spätere talentvolle Mechaniker und Turmuhrenfabrikant Fuchs zu Bernburg.

Am 04.September 1875 schreibt Fuchs an den Kirchen‑ und Gemeindevorstand in Welda folgenden Brief:

„Als mein Vetter Frantz Hartmann, (der dieses Frühjahr seinen nun verstorbenen Vater noch mal dort besucht hatte) zurückkam, theilte er mir von meinem lieben Geburtsorte so manches mit, so unter anderem auch, daß die dortige alte Thurmuhr trotz aller Reparatur nicht mehr.gehen wolle, und das es schwierig sei, die Mittel zusammenzubringen, eine Neue zu beschaffen etc. Ich faßte sofort den Entschluß, eine neue Thurmuhr zu bauen, und diese meiner Dorfgemeinde zum Andenken aus kindlichem Dankgefühl an die Scholle Erde wo ich geboren u. erzogen bin, zu verehren.

Meinem Vetter Hartmann in Weißenfels, theilte ich meinen Plan mit, u. da er 4 Jahre in meinem Geschäft thätig war, und daher der Sache kundig ist, so sollte er die Uhr dort aufstellen, und sich die Aufstellungskosten und locale Nebenarbeiten als Ziffernblatt u. Zeigerleitung, Glockenhämmer etc. von der Gemeinde bezahlen lassen. Ich trug ihm auf in Welda den Plan mitzutheilen, und daß nöthtige zu veranlassen und mir dann wieder Mittheilung zu machen. Auf meine wiederholte Anfrage, ob von Welda in Betreff der Thurmuhr noch keine Nachricht eingetroffen, erhalte ich endlich Nachricht aus Weißenfels, und zwar einen Brief von meinem Vetter Georg Hartmann dort, an seinen Bruder in Weißenfels in welchem er folgendes schreibt:

Die Schenkung einer neuen Uhr würde allerdings dankbar angenommen, Jedoch möchten die Weldaer erst mal von mir wissen wie hoch die Nebenarbeiten zu stehen kämen, denn es könnte möglich sein, daß Herr Fuchs erst eine Uhr schenkte, und sich dann hintendrein die Nebenarbeiten so teuer bezahlen ließe, daß das Geschenk auch mit bezahlt wäre, und es kein Geschenk wäre etc etc. Ich muß gestehn, daß ein solcher Brief fast dieselbe Wirkung auf mich ausgeübt hat, als wäre mir ein nasser Lappen auf den Leib gelegt. Also man glaubt in Welda ich hege solche Hintergedanken, um unter dem Vorwande einer Schenkung die Gemeinde ums Geld zu bringen. Ich bitte daher den Verehrlichen Kirchen‑und Gemeindevorstand um Entschuldigung, daß ich Je einen solchen Plan in mir aufkommen ließ, und wodurch ich ihren Zweifel an meinem redlichen reellen Vorhaben erwecken mußte. Da ich nun aber Gott sei dank so glücklich etairt bin, um nicht auf Umwegen auf den Geldbeutel der Weldaer spekulieren zu brauchen, und ich nie beabsichtigt habe, für die zu schenkende neue Thurmuhr, welche gewiß eine schöne Zierde für das ganze Dorf auf lange Jahre hinaus gewesen wäre, irgendwelche andere Vergütung zu haben, als eine dankbare Anerkennung von den Bewohnern meines Geburtsortes, so habe ich leider unter solchen vorliegenden Umständen meinen ursprünglichen Plan wieder fallen lassen. Ich bitte nochmals um Entschuldigung und zeichne

Hochachtungsvoll J.J. Fuchs Mechaniker & Thurmuhrenfabrikant.“

 

Antwort auf ein Schreiben des Weldaer Pfarrers.

Bernburg, den 18.Sept.1875

Hochwürdiger Herr Pfarrer!

Ihren lieben Brief vom 6. d.M. erhalten, habe ich mich gefreut zu erfahren, daß mein Plan, der Gemeinde Welda, meinem Geburtsorte, eine neue Thurmuhr zu verehren, doch gute Aufnahme gefunden (hat).Hätte ich mich nun gleich direct an Sie gewendet, so würde der unangenehme Zwischenfall wohl nicht vorgekommen sein. Ich habe nun nach Empfang Ihres so lieben Briefes diesen meinen Plan sofort wieder aufgenommen und beehre mich Ew. Hochwürden die ergebene Mittheilung zu machen, daß ich noch in diesem Jahre die Aufstellung der Uhr bewirken lassen werde. Ich habe mich sofort mit meinem Vetter Hartmann in Weihsenfels in Verbindung gesetzt und habe gestern von demselben die Zusage erhalten, daß dersselbe die Uhr im nächsten Monat Oktober aufstellen wird, und hoffe ich, daß die Aufstellung binnen heute in vier Wochen beendet sei und um die Uhr der Gemeinde und der Öffentlichkeit zu übergeben. Die Uhr nebst Zubehör erhalten Sie franco Bahnhof Warburg, von wo Sie dieselbe wollen abholen lassen. Die Aufstellungskosten werden wohl durch freiwillige Beiträge gedeckt werden, damit weder aus der Kirchen‑ noch aus der Gemeindekasse etwas dazugenommen zu werden braucht. Jetzt will ich Ihnen über die Uhr selbst etwas mittheilen. Im Jahre 1873 baute ich eine neue Thurmuhr nach ganz besonderem System für die Weltausstellung in Wien. Die Uhr errang mir von Seiten der Ehrenjury eine Preismedaille und fand unter den vielen Uhren dort fast die meiste Anerkennung. Nachdem ich die Uhr zurückbekam von Wien, wurde selbe in meinem Geschäftslokale auf ­und ausgestellt. Sehr oft schon habe ich diese Uhr um hohen Preis verkaufen können, habe mich aber der besonders schönen Arbeit wegen von derselben bisher nicht trennen können. Diese Uhr nun, welche die Viertel‑ und die Stunden auf 2 Glocken schlägt, die Stunden und die Minuten zeigt, welche mir und anderen schon so viel Freude bereitet, diese Uhr sage ich, soll mir nicht zu kostbar sein, um dieselbe meinem Geburtsorte, der Gemeinde Welda aus kindlichem Dankgefühl zu verehren, und als bleibendes Andenken auf dem Kirchthurme aufzustellen. Ja Hochwürdiger Herr Pfarrer, um mit Ihnen zu reden, diese Uhr soll eine Jubiläumsuhr und eine bleibende Zierde meiner lieben Heimathstätte werden. Mein Vetter Hartmann fertigt Jetzt schon das Ziffernblatt und ist von mir beauftragt, alles zur Aufstellung der Uhr vorzubereiten. Wenn dann die Aufstellung in ca 4 Wochen vollendet, dann komme ich selbst nach dort, um das Uhrwerk der Öffentlichkeit zu übergeben, und werde dann Ihrer gütigen Einladung zufolge mein Absteigequartier im Pfarrhause nehmen. Ich bitte dieses nun meiner lieben Heimathgemeinde mitzutheilen und habe die Ehre zu zeichnen

als Ihr ganz ergebener J.J. Fuchs

Bernburg, den 28.September 1875

 

Hochwürdiger Herr Pfarrer!

In ergebener Beantwortung Ihres lieben Briefes vom 23.d.M. theile ich Ihnen ergebenst mit, daß ich der so überaus freundlichen Einladung, zu ihrem Kirchweihfeste nach dort zu kommen, nicht widerstehen kann.

Ich werde daher mit meinem Vetter Hartmann und meiner Frau nächsten Sonnabend, den 2. October von Weißenfels früh abfahren und gedenke gegen 6 Uhr abends in Warburg anzukommen. Sollte dann am Bahnhhofe eine Fahrkelegenheit nach Welda bereit stehen, soll es mir sehr lieb sein, und werden wir dann so Gott will, um 7 Uhr dort eintreffen.

Die Uhr wird noch in dieser Woche abgeschickt, die fertige Aufstellung wird aber wohl erst im Laufe des nächsten Monats stattfinden, da Hartmann das Zifferblatt noch nicht fertig hat.

Alles weitere dann mündlich. Bis dahin mit freundlichen Grüßen

 

Ihr ergebener

J.J.Fuchs

 

Bernburg, den 18.October 1875 Hochwürdiger Herr Pfarrer!

Von unserer Kirmesreise sind wir wohlbehalten zurückgekehrt, und werden noch lange davon sprechen, wie wir dort so liebevoll aufgenommen und uns so überaus gut amüsiert haben.

Unseren herzlichen Dank für alles liebe und gute. Heute theilt mir Hartmann aus Weißenfels mit, daß er Zifferblatt und Zubehör von dort abgeschickt hat, und so werden Sie nun wohl in diesen Tagen Avis bekommen, daß die Uhr und alles Zubehör in Warburg angekommen ist. Meine Sendung von hier besteht aus einer großen und kleinen Kiste und ein Untergestell, zusammen 492 Pfd Gewicht welche Sie franco Warburg erhalten. In der großen Schrankkiste befindet sich ein Paket Stoff zu einem Kleide für die gute Agatha die uns so trefflich gepflegt hat. Die Kisten müssen beim Verladen und ebenso auch beim fahren behutsam behandelt werden, und dürfen nicht eher geöffnet werden bis mein Vetter Hartmann dort ist, der den Verschluß und die Verpackung kennt. Die Uhrkammer wird nun wohl fertig sein und so wäre dann alles in Ordnung bis auf die Glocke zum Viertelstunde schlagen. Bei meinem Dortsein versprach ich eine Viertelglocke zu senden. Meine Glocken, die ich habe, haben aber den Ton h, und passen daher nicht zu Ihrer Stundenglocke a. Ich schrieb daher bei meiner Rückkunft nach Bochum um eine Glocke c und bat dieselbe von dort ab nach Welda zu senden. Von dort bekomme ich nun anliegenden Brief von 14. d.M., daß die Glocke c oder d erst in drei bis vier Wochen  geliefert werden könnte. Ich würde daher bitten, von dort aus nach Bochum zu schreiben und zu bitten, die Absendung der Glocke etwas zu beschleunigen. Denn die offerierte Glocke mit dem tiefen b kann gar nicht verwendet werden. Um nun in den Glockentönen keine Disharmonie zu schaffen, wird es das beste sein, daß erst die Ankunft der Viertelglocke abgewartet wird, ehe Hartmann dort eintrifft. Wenn Sie aber von dort schreiben, man möge die Glocke etwas früher schicken, so glaube ich, daß die Herren in Bochum auch mal etwas schneller expedieren werden. Ich werde daher meinem Vetter Hartmann schreiben, daß er erst Ihre Nachricht abwarten soll, ehe er auch dort eintrifft. Neben den freundlichen Grüßen von mir und meiner Frau verbleibe ich

Ihr ergebener

J.J. Fuchs.

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DAS RITTERGESCHLECHT DERER VON WELETHE

In Urkunden des 12. Jahrhunderts treten erstmalig Angehörige des Rittergeschlechts derer von Wellethe auf.

Dieses Ministerialengeschlecht hatte in Welda neben den Klöstern Wormeln und Willebadessen, den Stiften Busdorf und Heerse, den Corveyer Landsleuten von Juden, von Pappenheim zu Canstein, den von Pappenheim zu Kalenberg, von Asseln und von Geismar. Grundbesitz.

Die Ministerialen waren in den Dörfern die Lehnsträger der Lehnsgrafen und wurden „mileg“ (Ritter) oder „famulus“ (Knappe) genannt. Im Gegensatz dazu nannte man die Angehörigen des höheren Adels „comites“ (Grafen) oder auch „viri nobiles“ (Edlen). Daneben gab es~ „homines liberi“ (Freie) und Unfreie (servi). Der niedere Adel der Ministerialen führte anfangs seinen Namen als Herkunfsbezeichnung aus einem bestimmten Dorf und machte diesen Namen etwa um 1200 zu seinem Familiennamen.

Wenn man über das Geschlecht derer von Wellethe etwas erfahren will, kann man nicht zu Kirchenbüchern oder anderen chronologischen Aufzeichnungen greifen, weil es diese damals noch nicht gab. Man muß sich mühselig in alte Urkunden einlesen, in denen die Namen derer von Wellethe oftmals bei Grundstücksgeschäften sowohl als Beteiligte als auch als Zeugen auftreten.

Nach diesen Erwähnungen in alten Urkunden wurde die folgende Stammtafel gefertigt.

1501 tritt letztmalig mit Gottschalk von Wellede der letzte des Mannesstammes „derer von Wellede“ auf. Er wird in einer Urkunde des Klosters Wormeln „unse trester“ (Advokat) genannt.

Am 29.5.1536 verteilt Margareta, Äbtissin zu Heerse, die Güter, „so de öldesten dat geslechte von Welde“ vom Stifte Heerse zu Lehen getragen haben. (Gemmeke:“Geschichte des adeligen Damen­stiftes zu Neuenheerse S.228)

Am 2.5.1590 erhält Georg von Haxthausen „den großen und lutteken Zehenden zu Engar mit dem Eickhove und Kottsteden daselbst und vordt mit anderen gudern, so die von Welde vom Stift Heerse zu Lehen getragen“.(Gemmeke:a.a.0.S.262)

Eine Urkunde vom 5.2.1601 erwähnt das Geschlecht derer von Wellede als „saliger“ (seelig). (Gemmeke:a.a.0.S.263)

Das Gut Welda heißt heute noch „Rittergut Welda“. Von den alten Gebäuden sind keine erhalten geblieben. Das Schloß mit seinen Nebengebäuden wurde erst 1734 -36 durch Hermann Adolf von Haxthausen errichtet.

Stammtafel Ritter von Wellede

Stammtafel des Rittergeschlechts von Wellede

 

 

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Weldaer Heimatblatt Nr. 3 – April 1987